Ein Wiedersehen, ein Anfang, natürlich nicht perfekt…

Es war eine lange Zeit von der ersten Einladung meiner Eltern bis zur endgültigen Feier der Goldhochzeit. Lange Zeit bis zu dem Tag, an dem ich unter Umständen meine Kinder würde wiedersehen können. Lange Zeit, in der ich mir Gedanken darüber machen konnte, wie dieses Begegnung wohl aussehen könnte. Doch es ist egal, wie viel Zeit einem bleibt, es ist egal, wie viele Gedanken man sich macht. Man macht sich nie genug Gedanken, berücksichtigt nie wirklich alles, übersieht immer irgendetwas und am Ende passieren doch Dinge, die nicht geplant waren.

Dennoch gibt es noch immer diesen Hass, die Sticheleien, die Unterstellungen. Es gibt die, die selbst an einem solchen Tag nicht einfach nur den schönen und vielleicht einmaligen Augenblick genießen können, oder zumindest anderen diesen Genuss vergönnen können. Wenigsten eine böse Bemerkung zum Schluss, ein ungerechtfertigter Spruch, der muss noch sein. Warum kann nach so vielen Jahren, Jahren der Zurückhaltung, Jahre eines immerwährenden Friedensangebotes, nicht wirklich einfach Ruhe sein? Warum muss selbst dann noch Zwietracht gestreut werden? Warum muss das überhaupt sein?

Ich habe es nie gewollt. Nie Streit gewollt und nie begonnen. Ich habe das alles nicht gewollt. Ich habe mich stattdessen zurückgezogen, in Ruhe gelassen. Zum einen der Kinder wegen, zum anderen und vor allem auch, weil ich selbst daran zerbrochen bin. Stück für Stück vor die Hunde gegangen. So lange bis irgendwann die Kühlergrille heranrasender LKWs ein irgendwie sympathisches Lächeln übrig zu haben schienen. So lange, bis… Im letzten Moment dann doch noch genug Kraft da war, die Reißleine zu ziehen. Es hat jahrelange Hilfe gebraucht und on Top noch ein Burn Out oben drauf, bevor es wieder aufwärts ging. Auch dank neuer Menschen an meiner Seite, einer neuen Familie, neuer Aufgaben.

Wer jemals geglaubt hat, die Distanz zu meinen Kindern sei aus Desinteresse oder gar aus Abneigung oder undifferenziertem Hass erwachsen, der irrt gewaltig und er hat mich nie verstanden und mich scheinbar nie wirklich kennen gelernt. Freunde, echte Freunde, die haben mitgelitten, mich zu unterstützen versucht, waren für mich da und haben geholfen, im Bekanntenkreis ebenso wie in der Familie. Auch in der neuen Familie. Sie war niemals ein Tausch, die eine gegen die andere. Es war nie ein Ersatz und es wird niemals einen Vergleich geben. Es gibt nicht die Kinder dort und die Kinder hier, es gibt nicht mehr oder weniger, näher oder ferner, keine Prioritäten, kein ausspielen gegeneinander, kein aufwiegeln. Es gibt nur Kinder, Kinder deren Vater ich gerne bin, sein will und bleiben möchte. Es anzubieten und zu geben ist mein Leben, es anzunehmen das ihre. Die Entscheidung liegt in ihren Händen.

Letztlich gab es damals nicht viele Optionen. Einen Kampf auszutragen dessen Schaltfeld immer der Rücken der Kleinsten der Wehrlosesten gewesen wäre, oder den Rückzug antreten, zunächst einmal als Verlierer dazustehen, vielleicht ungerechter Weise und einfach nur darauf zu hoffen, dass die Zeit für die Gerechtigkeit arbeitet. Wissend, dass man, egal was man tut, es falsch machen wird für die einen und richtig für die anderen. Es gibt dabei keine Gewinner, es gibt fast immer nur Verlierer. Die Frage ist nur, gestehe ich jemanden einen vielleicht ungerechtfertigten Sieg zu und nehme selber die Position des Verlierers ein? Ja, wenn es dadurch gelingt wirklich wichtige Menschen ein Stück weit zu schützen. Nichts anderes habe ich versucht, nichts anderes werde ich weiterhin tun. Es gibt Menschen die sind wichtiger als ich es je sein werde, oder sie es je sein könnte, es sind unsere Kinder, um die es geht.

Es war oft schwer, abzuwägen zwischen ihrem Verlust und der großen Sehnsucht nach Ihnen, es war schwer zu verzichten, um Ihnen unbescholtene Ruhe zu geben, es ist wie eine Entscheidung zwischen Hölle und Verdammnis. Der Abstand zu ihnen raubt ihnen den Vater, die Nähe zu ihnen macht sie zum Spielball von überflüssigen Ränkespielchen. Da kann einer noch so sehr versuchen fair zu spielen, wenn einer auf dem Spielfeld immer die Grätsche auspackt, dann kommt kein flüssiges Spiel zu Stande. Ich habe aus meinem Kontext heraus das getan, was ich für das Beste hielt. Vielleicht war es das nicht. Aber habe ich deshalb versagt?

Doch genug davon, es ist zu schwer, noch immer. Schmerzt zu sehr und ist noch immer kaum zu ertragen. Nur die stützenden und liebenden Seelen um einen herum, geben die Kraft, diese Last zu stemmen.

Es hilft nicht, rückwärts zu denken, an das, was passiert ist, sondern nach vorne zu schauen, auf das, was kommen könnte. Den Mut nicht zu verlieren, weiterhin stark zu sein, die Hoffnung niemals aufzugeben, dass eines Tages die Zeit kommen wird, in der ohne Spitzen, ohne Bösartigkeiten, ohne Hass ein begegnendes Miteinander möglich sein wird. Die Hoffnung niemals aufzugeben, dass irgendwann einmal der Tag kommen wird, an dem die Möglichkeit besteht, die Liebe zum eigenen Kind zu offenbaren. Da zu sein, ohne daran zu zerbrechen. Stärke zu geben ohne selbst zu schwächeln, ein Vater sein zu dürfen. Ich glaube daran. Noch immer. Ich gebe die Hoffnung niemals auf. Es würde bedeuten die eigenen Kinder aufzugeben. Niemals!

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